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DASYLab in der Medizin-Forschung

Projekt: Bachelorarbeit von Tobias Wohnhas im Studiengang Sportwissenschaft an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Bereich: Forschung / Neurologie & Sport
Anforderung: Messung und Auswertung körpereigener elektrischer Signale während muskulärer Erregung (EMG-Untersuchung)
Umsetzung: Hardware: EMG-Gerät ; Software DASYLab

Untersuchung körpereigener elektrischer Signale während muskulärer Erregung

Die Nachfrage nach hochwertigen und biomechanisch korrekt arbeitenden Trainingsgeräten in der Rehabilitation und Prävention von muskuloskelettalen Erkrankungen (LWS- oder HWS-Syndrom, etc.) ist enorm hoch. Sie sind eines der wichtigsten Standbeine einer guten Therapieeinrichtung. Im Rahmen seiner Bachelorarbeit hat Tobias Wohnhas mittels EMG-Messung überprüft, wie unterschiedliche Kraftgeräte die Muskulatur aktivieren.

Muskelschema Abbildung 1: Überlagerung mehrerer elektrischer Impulse aus verschiedenen Muskelfasern (Basmajian, 1985, S. 86)1

Die Elektromyographie, kurz EMG, erlaubt es, einen „Blick in die Muskeln“ zu werfen. Hierbei wird die beim Vorhandensein eines Aktionspotentials (AP) entstandene Dipol-Spannung gemessen. Jeder Muskel arbeitet in diesem Bereich gleich. Kommt ein Signalreiz (Aktionspotential) aus dem Gehirn über die Nervenbahnen in der Skelettmuskulatur an, läuft folgender Prozess in unterschiedlicher Stärke ab: Der ankommende Reiz wird an der motorischen Endplatte mittels Neurotransmitter über den synaptischen Spalt auf die Muskelfasern übertragen. Dort ändert sich auf Grund des Reizes die Calcium-Ionen-Konzentration und es kommt zu einer kurzzeitigen Öffnung der „Türen“ der Zellmembran. Auf elektrischer Ebene führt dies zu einer Umpolarisation der Zelle von einem Ruhemembranpotential von –80 mV auf circa +30 mV. Dies stellt genau die Spannung dar, die mittels Elektroden an der Oberfläche gemessen werden kann. Zusätzlich findet hierbei eine Überlagerung aller elektrischen Felder von allen angesteuerten Muskelfasern des angesteuerten Muskels statt (Abbildung 1). Wird ein Muskel angesteuert, resultiert daraus eine Spannungsänderung, die im Weiteren dazu führt, dass der Muskel in seinen kleinsten Einheiten (Sarkomere) eine Kontraktion ausführt. Er zieht sich also zusammen. Somit entsteht eine Drehmoment erzeugende Kraft im Gelenk. Diese ermöglicht eine gezielte Bewegung in jedem Gelenk des menschlichen Körpers.

Untersuchung der muskulären Aktivierung

Mittels der EMG-Signale aus fünf verschiedenen Muskelgruppen des Rumpfbereiches (2 x Rückenstrecker, 1 x Seitneiger und 2 x Bauchmuskulatur) wurde überprüft, wie unterschiedliche Kraftgeräte diese Muskeln ansteuern und aktivieren. Nur ein Trainingsgerät, das eine saubere Aktivierung der Zielmuskulatur erreicht, ist auch effektiv und zielführend während einer Therapie einsetzbar. Die Intervention während der Therapiedauer soll es schließlich ermöglichen, eventuell zu schwache, überbelastete oder atrophierte Muskeln zu kräftigen und im jeweils annähernd maximalen Bewegungsumfang zu belasten und somit zu einer positiven Anpassung zu bewegen. Durch ein solches gezieltes Training lassen sich die Kraft, Beweglichkeit und Koordination der Muskulatur verbessern und gleichzeitig die Selbstwirksamkeit des Patienten, beispielsweise nach einer Operation oder nach einem Reha-Aufenthalt, steigern. Die Bewältigung des Alltags wird also verbessert oder erst ermöglicht. Genauso ist es mit effektiven Geräten auf präventiver Ebene möglich, einer Erkrankung vorzubeugen oder deren Entstehung eventuell ganz zu verhindern.

MuskeltrainingAbbildung 2: Messung der Muskelaktivität in der Bauchmuskulatur.Die muskuläre Aktivierung wurde in insgesamt sechs unterschiedlichen Trainingsgeräten gemessen. Drei davon waren rotatorische Geräte und drei Geräte aus einer neu entwickelten Baureihe, die translatorisch arbeiten. Bei ersteren bewegt der Trainierende das Gewicht auf einer Kreisbahn um das festgelegte Rotationszentrum, im translatorischen Fall schiebt der Trainierende sich und die Last auf einem linearen Weg von sich weg. Aus jeder Gruppe war ein Gerät für die Aktivierung der rückenstreckenden und eines für die seitneigende Rumpfmuskulatur vorgesehen. Das dritte Gerät diente jeweils der Aktivierung der Bauchmuskulatur. Das Hauptaugenmerk der Untersuchung lag darauf, die Muskelaktivierung in beiden Gerätegruppen relativ zu einem vorher bestimmten maximalen Aktivierungsniveau (MVC) zu vergleichen. Das bedeutet, je höher die relative Ansteuerung zu dem jeweiligen MVC-Wert ausfällt, desto höher ist die Erregung im Muskel während der Übungsausführung. Bei dieser Art von Untersuchung ist generell kritisch anzumerken, dass bei einer EMG-Messung auf Grund höherer Amplituden in den Graphiken oder höherer Frequenzen keine Aussage über einen erhöhten Krafteinsatz der Muskulatur gezogen werden kann. Die Aussage kann also nur relativ zum maximalen Anspannungsniveau oder der Aktivitätsdauer der jeweiligen Muskulatur getroffen werden.

Messung und Auswertung mit DASYLab

Für die Signalaufnahme und die Auswertung wurde die neueste Version der Messtechniksoftware DASYLab eingesetzt, die einfach und direkt mit der verwendeten Hardware kompatibel war. Alle nötigen Treiber konnten direkt und kostenlos über die Homepage von National Instruments heruntergeladen werden. Somit konnte hardwareseitig auf einen zusätzlich zwischengeschalteten A/D-Wandler für die Übertragung der Rohdaten auf den PC verzichtet werden. Insofern fiel die Entscheidung, DASYLab 2016 zu verwenden, leicht. Hinzu kam, dass die Verarbeitung der Daten mittels DASYLab sehr benutzerfreundlich ist. Das verwendete Drag & Drop System ist intuitiv anwendbar. DASYLab stellte alle für die EMG-Untersuchung erforderlichen Module und mathematischen Konstrukte zur Verfügung und erleichterte damit die Verarbeitung größerer Datenmengen und die weitere Auswertung der Rohdaten enorm.

Für die Untersuchung war vor allem ein exaktes Zusammenspiel der Abtastraten basierend auf dem Nyquist-Theorem und der darauffolgenden Übersetzung der ankommenden Daten aus der Muskulatur auf den PC wichtig. Diese und alle anderen zugehörigen Einstellungen konnten in DASYLab 2016 mühelos über den Schnittstellenkonfigurator vorgenommen werden. Weiterhin war die Anforderung an gute Filtersysteme (Tief- und Hochpassfilter) sowie genaue Mittelungen der Messwerte von Bedeutung, da die gemessenen Rohwerte positiviert, gefiltert und gemittelt werden mussten. Dadurch wurden Störeinkoppelungen in das Messsignal reduziert, auch wenn nicht alle Störungen (EKG-Signale) perfekt herausgerechnet werden konnten.

Muskel DASYLab Schaltbild Abbildung 3: Erstellen einer positivierten, gemittelten und gefilterten EMG-Messkurve mit DASYLab 2016.

Nachdem alle Rohdaten verarbeitet waren, wurden die Ergebnisse mittels der verschiedenen Graphik-Tools in DASYLab 2016 dargestellt und mit der direkten Auswertungsfunktion auf den jeweiligen Mittelwert über mehrere Perioden auf die jeweiligen Maxima hinuntersucht (Abbildung 3). Darauf aufbauend wurden alle weiteren Auswertungen und Interpretationen der Ergebnisse auch auf statistischer Ebene fortgeführt. Dank unterschiedlicher Farbgebung oder Darstellungsform wurden die bis zu 16 eingehenden Messkanäle in den ausgewählten Graphiken sehr übersichtlich dargestellt. Dies erleichterte den Vergleich der Daten untereinander erheblich.

Alle benötigten Schritte für eine optimale Messaufnahme waren in DASYLab 2016 gewährleistet. Es war sogar möglich, spezielle Triggerfunktionen für die EMG-Messung benutzerspezifisch zu entwerfen. Dadurch konnte jede Wiederholung von der darauffolgenden zeitlich eindeutig getrennt werden. Die Ausgabe akustischer Signale beim Start und am Ende der Messung unterstützte die Versuchsdurchführung während der einzelnen Messungsläufe ungemein. Alle notwendigen Schritte – vom Beginn der Aufnahme und Speicherung der Rohdaten bis hin zur Verarbeitung, Auswertung und graphischen Darstellung dieser Daten aus allen Kanälen – konnten komplett in DASYLab 2016 ausgeführt werden, ohne dass eine weitere Software nötig gewesen wäre.



1 Basmajian, J.V, &  De Luca, C. J. (1985), Muscles alive – Their function revealed by Electromyography, Baltimore, Williams Wilkins